Zwei Kirchen unter einem Dach
Es war das erste ökumenische Gemeindezentrum in Deutschland – jetzt wird St. Stephanus in Lüneburg-Kaltenmoor 50 Jahre alt. Zur Feier des Jubiläums vom 20. bis 22. September werden daher auch zwei Bischöfe erwartet.
Der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ und der hannoversche Landesbischof Ralf Meister werden am Samstag, 21. September, um 15 Uhr einen Rundgang durch den Stadtteil unternehmen und anschließend im Ökumenischen Gemeindezentrum zum Gespräch zusammenkommen. Eine Vesper um 18 Uhr schließt diesen Tag ab.
Bereits am Freitag, 20. September um 18.00 Uhr findet ein Jubiläumskonzert mit dem Lüneburger Stadtorchester statt, am Sonntag, 22. September gibt um 10.30 Uhr einen ökumenischen Familiengottesdienst. Bei der anschließenden Begegnung berichten Zeitzeugen über 50 Jahre St. Stephanus. Bereits seit Anfang September ist anlässlich des Jubiläums die Ausstellung „Der Rote Faden der allumfassenden Liebe“ mit Bildern von Sigrid Allewelt-Schanter zu sehen.
Das ökumenische Zentrum St. Stephanus vereint zwei Kirchen unter einem Dach. Die Ökumene wird in Kaltenmoor großgeschrieben, doch die Gemeinden haben ihre Selbstständigkeit bewahrt. Gemeinsam nutzen sie Gruppenräume und Sprechzimmer, Küche und Clubraum, aber nicht die Kirche – außer sie feiern einen ökumenischen Gottesdienst, was einmal im Monat der Fall ist. Die Gottesdiensträume der beiden Gemeinden stehen im krassen Gegensatz zum tristen Äußeren des Zentrums. Sie sind groß, hell, offen, wirken einladend und auch nach fünf Jahrzehnten noch erstaunlich modern, selbst wenn auch hier die Betonarchitektur zum Tragen kommt.
Vor dem Zentrum steht ein Kreuz, ansonsten fügt sich St. Stephanus in die Betonarchitektur der Umgebung ein und fällt als Kirchbau kaum auf. Wahrgenommen wird das Zentrum von den Bewohnern des Stadtteils dennoch: Man trifft sich im Café Contact zum Plausch, nutzt den sozialen Mittagstisch, die Angebote der Kleiderkammer oder kommt zur Sozialsprechstunde der evangelischen Kirche. Und der erste Märtyrer der Kirche hat die Ortsmitte geprägt: Der Platz vor der Kirche ist nach ihm benannt, ebenso die davor liegende Bushaltestelle und sogar der benachbarte Penny-Markt heißt St. Stephanus.
Jährlicher Höhepunkt ist seit der Gründung des Zentrums die gemeinsame Feier der Osternacht, abwechselnd mal in der katholischen, mal in der evangelischen Kirche – und nach dem jeweiligen Ritus. Es gibt gemeinsame Fastenaktionen, ein gemeinsames Engagement für Aktionen in Bolivien und Peru, eine jährliche Kinderbibelwoche – und das bereits erwähnte soziale Engagement im Stadtteil.
Sonntags um 10.30 Uhr ruft eine Glocke zwei Konfessionen zum Gottesdienst. Dann feiern die Gemeinden parallel – katholisch im katholischen Kirchenraum, evangelisch im evangelischen Kirchenraum. Anschließend trifft man sich zum gemeinsamen Kaffeetrinken. „Das ist ganz wichtig und schafft Kontakte. Da gibt es keine katholischen oder evangelischen Tische, die Gottesdienstteilnehmer mischen sich“, berichtet Pastoralreferent Johannes Honert, der das Zentrum zusammen mit der evangelischen Pastorin Annette Israel leitet.
Der Gründung des Zentrums waren bereits vielfältige ökumenische Kontakte der Lüneburger Gemeinden vorausgegangen. In der Bistumsverwaltung in Hildesheim überwog lange die Skepsis für den Bau einer solchen Einrichtung, doch engagierte Gemeindemitglieder konnten den damaligen Bischof Heinrich Maria Janssen schließlich von der Sinnhaftigkeit des Projekts überzeugen. Der Bischof sollte später noch seine Zustimmung zu zwei weiteren Ökumenischen Zentren im Bistum Hildesheim geben, in Hameln-Klein Berkel und in Hannover-Mühlenberg.
In Lüneburg ist das Zentrum längst nicht nur Heimat für die beiden St. Stephanus-Gemeinden geworden, hier treffen sich auch diverse muttersprachliche Gemeinden wie Vietnamesen, Kroaten, Polen, Russisch-Orthodoxe und Chaldäer.