Wussten Sie schon, dass... Kurz anGEdacht

Von Schubladen und Vorurteilen

Wir kennen das alle: Schubladendenken. Wir stecken Menschen gerne in eine Schublade und lassen sie dann nicht mehr heraus.

YOUTUBE-VIDEO PFARRER M. GRABOWSKI

Häufig geht das über Äußerlichkeiten. Muslimische Frauen, die ein Kopftuch tragen, sind unterdrückt. Blondinen wird klischeehaft ein gewisser Hang zur Dummheit nachgesagt. Und Jungs sind besser in Mathe und Naturwissenschaften als Mädchen. Stimmt vielleicht im Einzelfall, aber im Allgemeinen? Vorurteile haben wir wohl leider alle, auch wenn wir das weit von uns weisen würden. Und uns gegenüber wird man auch Vorurteile haben - gewiss auch, wenn wir das Feld der Religion anschauen.

Vielleicht brauchen wir Menschen das manchmal, dass wir andere in Schubladen einordnen, uns vielleicht selbst in eine solche Schublade begeben. Schließlich sind wir Menschen Gemeinschaftswesen und definieren uns auch durch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Und das gilt wiederum auch für den Bereich der Religion. Christin oder Christ kann ich gar nicht nur als Individuum sein, dazu braucht es die Gemeinschaft der Kirche, auch wenn sie noch so fehlerhaft sein mag.

Jüngst habe ich von jemandem eine Whatsapp bekommen. Dort wurde knapp formuliert: Paket abgeliefert. Gemeint war damit aber ein Mensch, der eben nur etwas korpulenter war. Übrigens kam die Aussage von jemandem, der auch nicht gerade dem Bodymaßindex entspricht. Wir kategorisieren Menschen, mal bewusster und mal weniger bewusst. Möchten wir aber auch gerne in irgendwelche Kategorien eingeordnet werden? Wahrscheinlich nicht. Und schon gar nicht nach irgendwelchen Äußerlichkeiten beurteilt werden. „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“

Jesus ist es zu seiner Zeit in seiner Heimat ebenso ergangen. In Nazareth, seinem Heimatort - damals ein kleines Kaff von geringer Bedeutung - haben die Menschen in ihm nichts Besonderes gesehen. Wir erinnern uns an die Frage: „Was kann schon aus Nazareth Gutes kommen?“ Auf jeden Fall keiner, der mit Vollmacht von Gott erzählt und sogar Wunder wirkt. Wie sollte er das denn tun, er, den man schon seit Kindertagen kannte, der den Beruf seines Vaters ausübte und bislang im religiösen Bereich offenbar so gar nicht aufgefallen war? „Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen!“ Da ist sie wieder, die Schublade, aus der Jesus in seinem Heimatort offenbar nicht herauskam. Was kann uns dieses Schlaglicht aus dem Evangelium sagen? Vorurteile verstellen uns den Blick auf die Wirklichkeit. Wir gehen oft gnadenlos mit Menschen um, die wir eigentlich kaum oder gar nicht kennen. Wir bilden uns ein Urteil über jemand nur deshalb, weil wir wissen, wo er herkommt. Wir hören den Namen einer Person, er klingt fremd und so meinen wir, dass diese Person so oder so sei. Wir schauen auf das Äußere eines Menschen und schließen gleich auf den Charakter.

Jesus konnte in seiner Heimat keine Wunder wirken. Wenn wir vorurteilsfrei auf Menschen zugehen könnten, könnte vielleicht das eine oder andere Wunder geschehen. Zumindest würden wir in aller Regel erkennen, dass diese Menschen doch ganz anders sind, als wir es zunächst dachten. Wenn ich Menschen versuche, so wahrzunehmen, wie sie sind, dann kann Jesus auch für mich in den anderen erkennbar sein und auch für mich der Messias werden. Entrümpeln wir also unsere gedanklichen Schubladen und sind wir - und damit knüpfe ich an die letzte Woche an - offen, wenn wir Menschen begegnen. Zumal wir ja alle wissen - und das Sprichwort hat sicher recht: Der Weg zur Hölle ist mit Vorurteilen gepflastert!

  Ihr und Euer Magnus Kaatz