Wir machen Kirche – schöpfungsgerecht
(Nachhaltig) Nachgefragt #34
Unser Bistum ist immer nachhaltiger unterwegs. Was ist aus dem Nachhaltigkeitsprozess geworden, wie hat das neue Umweltteam zusammengefunden und welche ersten Erfolge sind bereits sichtbar? Wir haben nachgefragt bei Martin Spatz und Dirk Preuß, den Leitern des Umweltteams.
Dr. Preuß, vom 29. Mai bis zum 2. Juni findet der diesjährige Katholikentag in Erfurt statt. Das Bistum Hildesheim ist dort natürlich auch vertreten. Unser Stand ist wie eine Baustelle mit Barke und Schild gestaltet und steht unter dem Motto „Wir machen Kirche – schöpfungsgerecht“. Was verbirgt sich dahinter?
Dirk Preuß: Kirche befindet sich in einem großen Umbauprozess. Die Art und Weise, wie wir als Christinnen und Christen gemeinsam unterwegs sind und unseren Glauben leben, wird vermutlich in 20 Jahren deutlich anders aussehen als vor 20 Jahren. Welche Gestalt Kirche dann auch immer haben wird, für uns als Bistum ist klar: Die Kirche der Zukunft kann nur eine schöpfungsgerechte Kirche sein.
Wir haben dabei das Zweite Vatikanische Konzil im Ohr: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute […] sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ Wenn wir die große Menschheitsfrage des 21. Jahrhunderts – die ökologische Krise – nicht zu unserer Sache machen, können wir den Laden auch gleich zumachen. Und das wollen wir nicht!
Was bedeutet „schöpfungsgerecht“ für Sie konkret? Ist es gleichbedeutend mit „CO2-neutral“?
Martin Spatz: Ein großes Ziel, das sich zugleich am besten fassen lässt, ist die CO2-Neutralität - also weg von den fossilen Energieträgern beim Heizen, beim Strom, im Verkehr. Dieses Ziel ist auch in den Medien am präsentesten. Schöpfungsgerecht ist aber mehr als klimagerecht. Es geht uns ebenso um den Schutz der Natur, um die Förderung der Artenvielfalt, dass Friedhöfe und Pfarrgärten naturnah gestaltet werden oder wir bei der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen mehr als bisher auf ökologische Aspekte achten.
Dirk Preuß: Weniger zu verbrauchen, die sogenannte Suffizienz, und die natürlichen Ressourcen zu schonen, sind weitere Themen. Hier wird zugleich deutlich: Es geht uns nicht nur um technische Maßnahmen. Mit diesen allein schaffen wir es nicht. Es geht auch um eine geistliche Neujustierung. Deshalb spielen Schöpfungsspiritualität und internationale Aspekte, die zum Beispiel in unserer Bolivienpartnerschaft deutlich werden, aber auch politisches und zivilgesellschaftliches Engagement eine große Rolle.
Wie eng ist der Nachhaltigkeitsprozess mit dem Prozess „Zukunftsräume“ verwoben?
Martin Spatz: Sehr eng! Wir verweben aktuell den Nachhaltigkeitsprozess mit dem Zukunftsräume-Prozess, der ja schon ein paar Jahre Vorsprung hat. Unsere Strategie ist einfach: Wir investieren nicht in Gebäude, von denen wir nicht wissen, ob wir sie in fünf Jahren noch haben werden. Denn das können wir uns finanziell gar nicht leisten. Wenn aber nach dem Zukunftsräume-Prozess feststeht, dieses Gebäude behalten wir, dann muss es auch energetisch ertüchtigt werden, dann müssen Anschlüsse für E-Fahrzeuge vorhanden sein, dann muss über Maßnahmen zur Klimawandelanpassung und zum Naturschutz nachgedacht werden. Kurzum: Dann muss es einen klaren Fahrplan geben, wie es unter anderem aus Verkaufserlösen bis spätestens 2035 hundert Prozent schöpfungsgerecht umgebaut werden kann.
Und wie können wir nun das Ziel erreichen, bis 2035 schöpfungsgerecht zu sein?
Dirk Preuß: Vor allem nur gemeinsam! Was für die Gesellschaft als Ganzes gilt, gilt auch für uns als Kirche: Die Aufgabe der Transformation, des Wandels, ist so groß, dass wir sie nur schaffen, wenn möglichst alle am gleichen Strang (und in dieselbe Richtung) ziehen. In der Tat geht die Zukunft des Planeten alle Menschen gleichermaßen an und uns Christinnen und Christen dann noch einmal in besonderer Form, weil wir den Kosmos als Geschenk unseres Gottes begreifen.
Martin Spatz: Als Umweltteam unterstützen wir, geben Impulse, treiben an. Ein Hauptaugenmerk liegt für uns darauf, Abläufe und Entscheidungsprozesse so zu verändern, dass nicht nur gefragt wird: Können wir uns das finanziell leisten? Genauso wichtig ist die Frage: Können wir uns das ökologisch erlauben?
Der Nachhaltigkeitsprozess Schöpfungsgerecht 2035 und damit das Umweltteam werden von einer Steuerungsgruppe begleitet. Was ist der Grund und wer ist in dieser Steuerungsgruppe?
Dirk Preuß: Den Nachhaltigkeitsprozess, wie wir ihn jetzt sehen, haben ganz viele Menschen vorbereitet. In Hochzeiten haben über 60 Menschen aus dem ganzen Bistum in zwölf Arbeitsgruppen die gedankliche Vorarbeit geleistet und das Hausaufgabenheft gefüllt, das wir nun abarbeiten. Von Anfang an dabei waren unsere Finanzdirektorin Anja Terhorst, Rat Dr. Christian Hennecke (damals Hauptabteilung Pastoral), Dr. Jessica Griese (damals Hauptabteilung Bildung) und Dr. Christian Heimann vom Diözesanrat. Diese begleiten, coachen, beraten und controllen die Umweltarbeit weiterhin, nun in der Organisationslogik eines Dachprojektes. Rat Dr. Hennecke ist der Auftraggeber, Frau Terhorst, Frau Dr. Griese und Herr Dr. Heimann bilden die Steuerungsgruppe. Das ist weniger verwirrend als es klingt.
Ihr inzwischen neunköpfiges, interdisziplinäres Umweltteam ist vermutlich einmalig in den deutschen Diözesen. Allerdings handelt es sich dabei in der Regel um befristete Teilzeit-Projektstellen. Was planen Sie über das Jahr 2026 hinaus?
Martin Spatz: Einmalig sind wir – Gott sei Dank – nicht. In der Tat sind es aber eher die süd- und westdeutschen (Erz-)Diözesen wie Köln und Freiburg, die schon seit einiger Zeit ähnliche Teams haben. Für den nord- und ostdeutschen Raum haben wir – für das Klima: leider – noch eine Vorreiterstellung.
Dirk Preuß: Um jetzt schon zu prognostizieren, wie es 2026 konkret weiter geht, ist es noch etwas zu früh – auch wenn wir natürlich Bedarfe sehen und Pläne haben. Rückblickend auf den bisherigen Verlauf des Nachhaltigkeitsprozesses habe ich den Eindruck, dass der Heilige Geist bei entscheidenden Weichenstellungen seine Finger gehörig im Spiel hatte. Daher blicke ich ganz gelassen auf 2026. ER macht das schon zusammen mit uns …
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Cornelia Hanne, Referentin für Interne Kommunikation.