Podiumsdiskussion "Zuversicht in schweren Zeiten - Was bewegt gesellschaftlich Engagierte?"

„Wir wachsen mit unseren Problemen.“

Am 29. April diskutierten in der Städtischen Galerie Lehrte Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Lehrter Einrichtungen miteinander über die Herausforderungen ehrenamtlichen Engagements und darüber, was ihnen Zuversicht gibt.

Marc Wilhelms, Ortsbrandmeister, ist stolz auf 200 Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, 90 davon aktiv. Diese erlebten zwar auch immer wieder Beschimpfungen und Gewalt, genauso gebe es aber auch Teile der Bevölkerung, die Einsatzkräfte unterstützten und ihnen für ihren Einsatz dankten. Wilhelms beklagt, wie auch Hans-Gerhard Schölzel,
Leiter der Lehrter Tafel, dass immer weniger Menschen Verantwortung und Leitungsposten im Ehrenamt übernehmen möchten.
Schölzel sagte, es fehle an jungen Menschen, die körperliche Arbeiten und organisatorische Aufgaben übernehmen können. Die Lehrter Tafel versorgt 420 berechtigte Familien mit Lebensmitteln, jüngst auch mit immer mehr hochpreisigen Lebensmitteln, die sich viele Menschen an der Supermarktkasse nicht mehr leisten können, sodass sie von den Märkten abgegeben werden müssen.

Natalia Schumacher-Ewald engagiert sich nicht nur als Vorsitzende des Schulelternrats, der Ukraine-Hilfe und der Kinderkirche, sondern auch in vielen weiteren Organisationen. Dabei möchte sie vor allem Vorbild für ihre eigenen Kinder sein und ihnen zeigen, dass sie auch Kraft aus dem Engagement schöpfe und es Freude bringe, anderen zu helfen. Christine Busch-Saile vertrat die Bahnhofsmission, die inzwischen der letzte mit Leben gefüllte Raum am Bahnhof ist. Es gibt kein Servicecenter mehr, der Ticketschalter wurde geschlossen – nur die Bahnhofmission bietet Gestrandeten eine Anlaufstelle. Mut mache ihr, wenn ein Tag erfolgreich war: das motiviere sie für den nächsten.

Dr. Günther Schrüfer, Pfarrgemeinderatsvorsitzender der Gemeinde St. Bernward Lehrte und Mitorganisator der Diskussion, stellt fest, dass vor allem Menschen zwischen 30 und 50 Jahren schwer für das Ehrenamt zu gewinnen seien. Sie stünden voll im Berufsleben und könnten die Zeit meist nicht aufbringen. Jüngere Menschen seien ebenfalls durchaus an ehrenamtlichem Engagement interessiert, allerdings dauere der Schultag inzwischen länger als früher, was sie vom Engagement abhielte.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion hielt Henning Baden von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt einen Impulsvortrag, in dem er zunächst feststellte, dass sich mit 28,8 Mio. Menschen bundesweit das ehrenamtliche Engagement auf einem Höchststand befinde. Herausforderungen sei vor allem die Digitalisierung, die nur wirke, wenn sie in effiziente Prozesse eingebettet sei. Ebenso schwierig könne die Demokratie in den Vereinen sein, wenn beispielsweise nur eine Person zur Wahl für wichtige Ämter stünde. Dabei seien Vereine „Schulen der Demokratie“. Eine „wunderbare Herausforderung“ sei die Diversität in den Organisationen. Baden betonte die Notwendigkeit, unterschiedliche
Menschen einzubeziehen und „Lust auf Verschiedenheit“ zu haben.

Ergänzt wurde die Diskussion von Michael Rubart, Mitglied im Kirchenvorstand der ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Lehrte und Ehrenvorsitzender des Lehrter Sportvereins, Michael Sachs, Ortsbeauftragter des THW und von Achim Rüter, Vorsitzender des DRK-Ortsvereins Lehrte.

Organisiert wurde die Podiumsdiskussion von der Gruppe Botschaft der Zukunftswerkstatt St. Bernward Lehrte zusammen mit der Katholischen Akademie des Bistums Hildesheim.

 

Ines Schnecker / Katholische Akademie des Bistums Hildesheim