Heizkissen und kalte Kirchen?!
(Nachhaltig) Nachgefragt #35
In unserer Reihe „Nachhaltig nachgefragt“ stellen wir die Mitglieder des Umweltteams im Bistum und ihre Themenschwerpunkte vor. Heute sprechen wir mit Ingenieurin Ronja Maatmann, warum kalte Kirchen in erster Linie eine Haltungsfrage sind und was der Prozess Zukunftsräume mit den Zielen des Nachhaltigkeitsprozesses „Schöpfungsgerecht 2035“ zu tun hat.
Frau Maatmann, unser Bistum hat das Ziel, bis zum Jahr 2035 „schöpfungsgerecht“ zu werden. Wie will Ihr Bereich dazu beitragen?
Mein Bereich beschäftigt sich im Nachhaltigkeitsprozess Schöpfungsgerecht 2035 mit den baulichen und technischen Fragen. Hier können wir den Energieverbrauch und den damit verbundenen CO2-Ausstoß relativ gut messen und kontrollieren. Mit der energetischen Sanierung von Gebäuden, dem Austausch von Heizungsanlagen und dem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Gas und Öl wird mein Bereich einen großen Teil dazu beitragen, dass das Bistum bis 2035 weitestgehend CO2-neutral ist.
Wie hängen das Thema „Energetisches Sanieren“ und unser Prozess „Zukunftsräume“ zusammen?
Beide Prozesse sind sehr eng miteinander verbunden. Durch den Prozess Zukunftsräume haben wir die Chance, uns intensiv mit den Gebäuden zu beschäftigen, die im Bestand des Bistums bleiben. Im Prozess Zukunftsräume stellen sich die Gemeinden selbst zunächst die Frage: Welche Gebäude brauchen wir für die pastorale Zukunft der Kirchengemeinde? Im nächsten Schritt können dann die Gebäude, die im Bestand bleiben, genauer auf ihre energetische Qualität und Zukunftsfähigkeit untersucht und bei Bedarf energetisch saniert werden.
Sie haben Kriterien entwickelt, die die Gemeinden im Rahmen des Zukunftsräume-Prozesses verbindlich erfüllen und durchlaufen müssen. Worum geht es dabei?
Die Kriterien sollen den Gemeinden einerseits als Entscheidungshilfe dienen und andererseits dazu beitragen, dass sich die Gemeinden auch der Frage stellen müssen: Wie wird meine Gemeinde schöpfungsgerecht bis 2035? Dabei geht es zum Beispiel um ökologische Aspekte bei der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen oder die Förderung der Artenvielfalt auf Friedhöfen, Kirchplätzen oder Pfarrgärten.
Im Bereich Energetisches Sanieren kümmern wir uns vor allem um die fossilfreie Wärme- und Stromversorgung, aber auch um die Berücksichtigung nachhaltiger Baustoffe. Außerdem spielen Maßnahmen zum Schutz vor Klimawandelfolgen eine Rolle: So denken wir bei den Projekten auch die Verschattung, Dachbegrünung oder Sickerflächen gleich mit.
Bekommen im Rahmen der energetischen Sanierung dann alle Kirchen in den nächsten Jahren Wärmepumpen?
Die Wärmepumpe ist vor allem für Pfarrheime und besonders für Pfarrhäuser eine sehr gute klimafreundliche Lösung. Bei den Kirchen ist es schwieriger: Jedes Kirchengebäude verhält sich anders. Ein pauschaler Einsatz einer Wärmepumpe ist leider nicht möglich und wird daher genau im Verlauf des Prozesses Zukunftsräume untersucht und berechnet.
Welche Rolle spielt die Photovoltaik? Können wir ausreichend Strom selbst produzieren?
Wir haben im Bistum sehr viele Dachflächen, die natürlich für Photovoltaik-Anlagen geeignet wären. Vor allem die Kirchen haben sehr große Dachflächen. Doch hier lohnt sich meist ein zweiter Blick. In den Kirchen haben wir kaum einen Strombedarf, sodass wir den selbst erzeugten Strom zum größten Teil nicht selbst nutzen könnten und gleichzeitig die Einspeisevergütung nur im niedrigen Centbereich liegt. Außerdem ist die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf dem Kirchendach aufgrund der Höhe nicht so einfach und damit dann auch mit hohen Kosten verbunden.
Bei Pfarrhäusern und Pfarrheimen sieht die Situation anders aus. Hier muss geprüft werden, wie hoch der Strombedarf ist und wie man diesen am besten mit selbst erzeugter Energie decken kann. Ideal sind Photovoltaik-Anlagen zum Beispiel auf den Dächern von Kindergärten, da dort der Betrieb dann stattfindet, wenn auch die Sonne scheint.
Im Mariendom konnten im vergangenen Jahr durch die Umsetzung der bisherigen Handlungsempfehlungen zum Heizen die Energiekosten bereits um rund 30 Prozent gesenkt werden. Bleiben unsere Kirchen auch in Zukunft kalt?
Die Energiekosten für die Beheizung der großen Kirchenräume sind immens. Daher sollten unsere Kirchen möglichst kalt bleiben. Dennoch soll niemand frieren und auch das Inventar sowie der Baukörper müssen vor Feuchteschäden geschützt werden. Aus diesem Grund wird empfohlen, die Heizung nicht auszuschalten, sondern mit einer Grundtemperatur von circa 9 Grad Celsius zu heizen und dabei die Luftfeuchtigkeit zu kontrollieren.
Befürchten Sie keine Schäden für das Inventar?
Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit könnten Schäden am Kircheninventar entstehen. Damit genau dies nicht geschieht, bieten wir an, Messfühler zu installieren, mit denen im Kirchraum die Temperatur und die Feuchtigkeit kontrolliert werden kann. Bei den Kirchen, in denen die Feuchtigkeit doch zunimmt, schauen wir uns mit den Gemeinden genau an, woran das liegt und reagieren entsprechend.
Ein großes Ziel im Nachhaltigkeitsprozess Schöpfungsgerecht 2035 ist, bis 2035 CO2-neutral zu werden. Die Hauptlast dafür tragen die Bereiche Bauen und Mobilität. Wie lebt es sich mit dieser Verantwortung?
Ich bin mir der großen Verantwortung bewusst, weiß aber auch, dass ich ein tolles Team in der Bauabteilung habe, das die Projekte sowohl wirtschaftlich als auch nachhaltig bestmöglich umsetzt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Cornelia Hanne, Referentin für Interne Kommunikation.